Der Kleinste war am Ende der Größte

Marcel rollte das Feld von hinten auf
Marcel rollte das Feld von hinten auf

Von Thiago Maschkerano

 

Bei herrlichstem Pisswetter versammelten sich auf dem berühmten Fieldstreet PingPong Court die 21 größten Tischtennisnachwuchshoffnungen plus der einzige Starter in der Seniorenwertung, Devil Deem, um auch 2009 wieder einen Sieger beim Tischtenniscup zu ermitteln, der kürzlich gemeinsam mit dem Rehestädter Gummistiefelweitwurffestival zum erfolgreichsten Amateurwettbewerb Ostdeutschlands gewählt wurde. Amateurhaft war dann auch das Geschäftsgebaren des selbsternannten Don King des Tischtennis, Matze „Dieses Jahr wird alles besser“ Förster. Stundenlang ließ er die voller Vorfreude aus ihren Trainingslagern angereisten Teilnehmer in eisiger Kälte verharren, während er sich von Siegrid Lagerfeld beraten ließ, welcher Anzug seinen gesunden Spanischen Teint wohl am besten zur Geltung bringt. Nachdem die 22 Männer und Frauen in vier Gruppen eingeteilt waren konnte es endlich losgehen. Viele neue Gesichter waren in diesem Jahr dabei und sollten im Verlauf des Turniers mehr oder weniger von sich reden machen.

 

In Gruppe A gelang Gastgeber Sebbl ein klarer Durchmarsch ohne Satzverlust. Mit seinem Kampfmotto „Sebastian und seine Kelle liegen stets auf einer Welle“ verbreitete er bei seinen Gegnern Angst und Schrecken. Auch Daniel, Fussi und Toni kamen weiter. Devil Deem wurde trotz seiner Titanhüfte beachtlicher Fünfter in seiner Gruppe und konnte sogar Franzi „Schön sein ist alles“ hinter sich lassen.

 

In Gruppe B lieferten sich alle Kontrahenten bis auf André ein Hauen und Stechen. Während „The Berlin wall will kill them all“ Stef und „Zwerg Nase“ Marcel souverän ins Achtelfinale einzogen, entschied zwischen Philipp, Heidi und Franco Ortigi die Satzdifferenz. Am Ende zog „The Beast“ den kürzeren, als Entschädigung bekam er jedoch die Goldene Hochwasserhose für den schlechtgekleidetsten Spieler. Sein kleiner-türkischer-Junge-will-Nutten-beeindrucken-Gedenkoutfit brachte seine Gegner aus dem Konzept und ihn fast eine Runde weiter, wenngleich man ihm auch eine gewisse spielerische Steigerung nicht absprechen konnte. André „The Mouth“ kündigte an, auf dem Höhepunkt seiner Karriere zu sein. Und er ließ den Worten Taten folgen: Erstmals in seiner Tischtenniscup-Laufbahn gab er nicht alle Sätze ab, er verlor sage und schreibe zweimal nur mit 1:2. Die rote Laterne war ihm trotzdem gewiss (Anmerkung: Ein anderer bekam jedoch diese Urkunde…).

 

In Gruppe C machte Patricio di Michale kurzen Prozess. Mit seinem perfektionierten Tischtennis-Catenaccio ließ er seine Gegner nicht zur Entfaltung kommen. Alex, Schagge und Christian folgten ihm in die nächste Runde, für Thomas kam die große Bühne noch etwas zu früh, er brachte das Runde zu selten aufs Eckige.

 

In Gruppe D setzten sich erwartungsgemäß „The Ichtershausen Tabletennis Massacre“ Thiago und Flo „Topspin“ durch. Sensationell kamen auch Mateo und „Fummel“ Briczi weiter, das war nach der holprigen Vorbereitung und den Ergebnissen der letzten Jahre kaum zu erwarten. „Karpfentill“ wurde zwar ins kalte Wasser geworfen, aber er hatte nur seine natürlichen Schwimmreifen dabei und soff ab.

 

Das Achtelfinale bot Tischtennis-Magerkost, wobei das eine Beleidigung für die Magerkost ist. Bis auf Jakob setzten sich nur die Favoriten mit klaren 3:0-Siegen durch. Halt: Heidi „PingPongPeter“ sorgte für den ersten wirklichen Paukenschlag, als sie Sebbl die Grenzen aufzeigte. Da lag die Kelle mit ihm nicht mehr auf einer Welle.

Daniel, Marcel, Stef, Patrick, Schagge und Mathias hatten keine Probleme mit ihren Gegnern, allein „The Elefant“ Thiago musste kämpfen, wurde diesmal aber für sein unansehnliches Gebolze belohnt und kam eine Runde weiter.

 

Im ersten Viertelfinale brachte Patrick Lokvenc mit seiner tschechischen Betonabwehr den Schnibbelkönig Daniel Erdao zur Verzweiflung und zwang ihn mit 3:1 in die Knie. Stef schaltete Schagges Raketenvorhand gekonnt aus und beförderte sich mit einem 3:0 ins Halbfinale. Zu tumultartigen Szenen kam es beim dritten Viertelfinale zwischen Heidi und Mateo. Nach einem 0:2-Satzrückstand drehte Heidi mit ihrem geradlinigen Spiel auf und drängte Mateo an den Rand der Niederlage. Beim Stand von 7:3 im Entscheidungssatz packte Mathias gedanklich schon die Koffer, doch mit einem zweifelhaften Psychotrick wendete er das Blatt: Er erwirkte eine technische Auszeit, um die Netzhöhe zu überprüfen. Anschließend – immer noch den Angstschiss im Schlüpfer – schob er die Bälle nur noch rüber und Heidi ließ sich davon einlullen. Seit vergangener Woche analysiert die IOTTCSBV (Internationale Ostdeutsche Schiebereibekämpfungsvereinigung) die Videoaufnahmen des Spiels. Es verdichten sich die Anzeichen, dass das Spiel wiederholt werden muss. (Dies wurde durch einige Zahlungen jedoch bereits aus der Welt geschafft, d.Red)

 

Im letzen Viertelfinale drehte Marcel ein verloren geglaubtes Spiel gegen seinen einstigen Ziehvater und Tischtennisveteranen Thiago („Zu langsam, zu statisch - zu Elefant“) – eine Sensation, da er aufgrund seiner geringen Körpergröße eigentlich noch bis 2013 beim Junioren-Tischtennsicup starten dürfte. Das es gegen Jakob dennoch reichen sollte, war nicht zuletzt der fehlenden Motivation Jakobs geschuldet, da er bereits am Vorabend den Pokal des Malibu-Stacy-Ähnlichkeitswettbewerb mit nach Hause nehmen durfte.

 

Angespornt von diesem unverhofften Triumph kämpfte Marcel Mateo nieder, wobei er wahrscheinlich gegen den überforderten Möchtegern-Champion auch mit einem Nudelholz gewonnen hätte. Das zweite Halbfinale war ebenfalls eine relativ klare Angelegenheit, di Michale war mit seinem destruktiven Latein am Ende und wurde vom erfahrenen Stef mit 3:1 in die Schranken gewiesen. Auch für das Spiel um Platz drei konnte er sich leider nicht mehr motivieren und so kam Mateo wie die Jungfrau zum Kinde und war sprachlos, dass er es tatsächlich nach all den Jahren schaffte, in die Phalanx der vermeintlich für ihn Unerreichbaren einzubrechen.

 

Das Finale hatte seinen Namen mehr als verdient, auch wenn man vom (zu Recht) frühzeitig ausgeschiedenen Favoriten Thiago ein Zähneknirschen aus der VIP-Loge vernehmen konnte. Es entwickelte sich trotz der körperlichen und sportlichen David-gegen-Goliath-Konstellation ein Duell auf Augenhöhe. Schier unmögliche Bälle brachte der kleine Flitzer Marcel mit seinen Stummelärmchen zurück auf die Platte, während der Walujew des Tischtennis unerbittlich die Bälle auf ihn eindrosch. Nach Abwehr von drei Matchbällen zwang der Außenseiter den Routinier schließlich mit 13:11 im fünften Satz in die Knie und krönte sich bei seiner ersten Teilnahme gleich zum Champion.

 

Obwohl das Wetter nicht so wollte wie die Veranstalter, war es erneut ein Event der Superlative, welches am Abend mit der obligatorischen Grill-and-Chill-Party einen würdigen Abschluss fand.

 

Sieger: Marcel

 

2. Platz: Stefan

 

3. Platz: Mathias

 

Siegerin Damenwertung: Heidi

 

 

Danke an alle Teilnehmer, Sponsoren, Veranstalter und natürlich die vielen treuen Fans, die – trotz der stolzen Schwarzmarktpreise von bis zu 20 Zloty – die weite Anreise nicht scheuten und für eine feurige Atmosphäre in der altehrwürdigen Arena sorgten!

(Text: Jakobus Elefantis)